Ein Bild für die Musik

In den vergangen 50 Jahren fungierte das berühmte Montreux Jazz Festival als Karrieresprungbrett für einige der inzwischen einflussreichsten Musiker unserer Zeit und bietet dabei allen Formen der Selbstdarstellung und Kreativität Raum zur Entfaltung. Diese spannende Mischung findet sich auch in den jährlichen Plakaten wieder. Gestaltet von internationalen Künstlern unterschiedlichster Bereiche, denen bei der Interpretation dieser Veranstaltung vollkommen freie Hand gelassen wird, sind diese Kunstwerke ein einzigartiger Beitrag zum Vermächtnis dieses Festivals

Montreux am Genfer See ist die Heimat eines der größten, berühmtesten und genreumfassendsten Musikfestivals der Welt. In den vergangenen fünf Jahrzehnten wurde hier der Begriff des Jazz neu definiert und weiter gefasst, indem musikalische Größen ebenso wie aktuelle Newcomer-Bands ihre Bühne fanden. So gab Nina Simone hier eines ihrer ersten Konzerte. Ella Fitzgerald, Stan Getz, Charlie Mingus und Dexter Gordon traten ebenso in Montreux auf wie Bob Dylan, Prince, David Bowie und Van Morrison: So lesen sich die Line-Ups der vergangen Jahre im Grunde wie das „Who-is-Who“ des Musikgeschäfts.
Auf den als maßgebliches Instrument zur Unterstützung all dieser künstlerischen Talente kreierten Jahresplakaten des Montreux Jazz Festivals spiegeln sich in Form einer breit angelegten Stilauswahl der Eklektizismus und das kreative Improvisationsgeschick wieder. Die Ergebnisse sind immer wieder überraschend, immer wieder spannend. So wie das Festival an sich lokale, nationale und internationale Musikliebhaber zusammenbringt, so werden auch die Plakate von einer Abfolge internationaler und Schweizer Künstler gestaltet, die aus gänzlich anderen Bereichen stammen. Demnach wurden die Plakate der vergangenen Jahre von so unterschiedlichen Talenten entworfen wie dem legendären amerikanischen Grafik-Designer Milton Glaser, der französischen Bildhauerin Niki de Saint Phalle, Hollywoods Promi-Fotografen Greg Gorman oder dem britischen Rockstar Phil Collins. Anlässlich der 20. Ausgabe des Festivals 1986 trat Letzterer gemeinsam mit seinem britischen Kollegen Eric Clapton auf. Alle Konzerte waren bereits vor Veranstaltungsbeginn ausverkauft. Grund hierfür war das Jubiläumsprogramm mit Auftritten von unter anderem Sade, Al Jarreau, George Benson, Miles Davis, Herbie Hancock und George Duke. Das Plakat für das 20-jährige Jubiläum wurde von einem gleichsam herausragenden Duo gestaltet: den US-amerikanischen Künstlern Keith Haring und Andy Warhol. Hierbei handelte es sich um Harings zweiten Beitrag: Er hatte bereits 1983 drei Plakate signiert.

Das Plakat für das Jahr 1995 ist das Werk einer weiteren Musiklegende – David Bowie. Er legte verschiedene Versionen vor, bevor er auf das komplexe, grüne Kunstwerk bestand, das vollständig am Computer entstand und an den 50. Jahrestag des Atombombenabwurfs auf Hiroshima erinnern soll. Es zeigt eine schlichte grafische Darstellung der Atombombe, ein für Macht stehendes „M“ sowie die rätselhafte Frauengestalt „Ramona A. Stone“, eine Figur, die in mehreren Projekten Bowies Eingang fand.

Der Schweizer Bildhauer Jean Tinguely entwickelte 1982 schließlich das, was zum unverwechselbaren Logo des Montreux Jazz Festival werden sollte. Es inspirierte viele der nachfolgenden Plakatkünstler. So gesteht die zeitgenössische Schweizer Pop-Künstlerin Sylvie Fleury als Schöpferin des letztjährigen Plakats: „Das Plakat von 1982 hat mich besonders beeindruckt. Es war zum einen ‚musikalisch‘ und zum anderen durch und durch Tinguely.“ Auch die Ausgabe zum 50-jährigen Jubiläum für 2016 stellt eine Hommage an Tinguelys Logo dar.
Kein Wunder also, dass die Plakate des Festivals bei Sammlern heiß begehrt sind. Exemplare können käuflich erworben
werden unter montreuxjazzshop.com

„Das Logo erschien mir wie eine Schablone, eine Richtschnur, anhand derer ich die gesamte Festivalgeschichte heraufbeschwören könnte, indem ich die vorangegangenen Plakate in die Buchstaben einfüge.“

Giovanni Riva, Plakat 2016

WEITERLESEN

Dieser Artikel stammt aus der Ausgabe Frühling 2017

WEITERLESEN