Ein ganz besonderer Blick
Seit er als Siebenjähriger eine Kamera geschenkt bekam, fotografiert DAVID KATZ mit Leidenschaft. Es war sein Traum, professioneller Fotograf zu werden, für die großen Zeitungen zu arbeiten und die besten Sportbilder von den großen Fußballspielen zu liefern – seinem Lieblingssport. Es gab nur ein Problem. Amtlich galt er als blind…
text Cherry Maslen
Der Markt für professionelle Fotografen ist hart umkämpft. Eine Stelle als Top-Sportfotograf bei einer nationalen Tageszeitung zu ergattern oder als persönlicher Fotograf für einen Weltpolitiker zu arbeiten, ist vielleicht das höchste Ziel eines jeden Berufseinsteigers in dieser spannenden, aber anspruchsvollen Branche.
Der britische Fotograf David Katz hat in seiner inzwischen fast 30-jährigen Karriere in seinem Traumberuf beides und noch viel mehr erreicht. Als einer der angesehensten Sportfotografen der Fleet Street, dem einstigen Dreh- und Angelpunkt der britischen Zeitungsbranche, dokumentierte er mit seinen Aufnahmen Spiele im Spitzenfußball und arbeitete damit in dem Sport, den er liebt.
Darüber hinaus begleitete Katz aber auch politische Kampagnen, schoss Nahaufnahmen von Staatsoberhäuptern wie Margaret Thatcher, lichtete Mitglieder der britischen Königsfamilie einschließlich der Queen ab und machte innige Bilder von Stars wie Elton John und Amy Winehouse.
Im Anschluss an seinen Umzug nach Israel 2007 wollte das Wahlkampfteam des ehemaligen israelischen Premierministers Benjamin Netanjahu ihn als offiziellen Fotografen für seine Wiederwahl-Kampagne 2009 gewinnen. Ferner hat er mit „50 Faces of Israel“ zur Feier des 50. Jahrestags der Unabhängigkeit des Landes ein von der Kritik gefeiertes Buch über das Leben in Israel herausgebracht.
Mit so einer Laufbahn würde jeder Fotograf Eindruck machen, aber bei David Katz kommt hinzu, dass er von Geburt an offiziell als blind gilt, wie er in einer bemerkenswerten persönlichen Erklärung dieses Jahr mitteilte. Im Alter von drei Monaten wurde bei ihm okulärer Albinismus diagnostiziert, eine erblich bedingte Erkrankung, die zu fehlender Pigmentierung in den Augen, beeinträchtigter Sehschärfe und zu Problemen mit der Tiefenwahrnehmung führt, da die Fusion der Bildeindrücke des linken und rechten Auges nicht möglich ist – große Hindernisse für einen Fotografen. Unwillkürliche schnelle Augenbewegungen (Nystagmus) gehören ebenso zum Krankheitsbild wie Schielen (Strabismus) und unscharfe oder verzerrte Sicht (Astigmatismus). Wie seine Leidensgenossen, kann auch David Katz kein Auto fahren.
„Mit sieben Jahren bekam ich meine erste Kamera und entdeckte meine Liebe zur Fotografie, die bis heute Bestand hat“, so Katz. „Ich sehe die Dinge anders als andere. Als Kind fand ich es schwierig, meine Eindrücke durch gemalte Bilder zu Papier zu bringen – da war die Kamera die beste Alternative.“
„Das European Elvis Festival war eine tolle Erfahrung für mich. Die europäische Elvis-Welt hat sich hier versammelt, um meinen Freund Elvis zu feiern, der der Welt so viel gegeben hat! Das Programm und die Organisation haben mich umgehauen!“
George Klein
Bei seiner Diagnose riet der Facharzt zu einer sofortigen Eintragung ins Blindenregister. Ferner empfahl er die Anmeldung auf einer Schule für Blinde, aber Davids Eltern wählten einen anderen Weg. „Ich hatte das Glück, wunderbare Eltern zu haben, die mich dazu ermutigten, das mir gegebene Sehvermögen zu nutzen, statt mich auf das zu konzentrieren, was mir fehlte“, sagt Katz.
Als er im Teenageralter mit einer Nikon EM seine erste bessere Kamera bekam, gab es kein Halten mehr. Mithilfe des Herausgebers einer Fußballzeitschrift erhielt er einen Presseausweis für ein Profifußballspiel und schon bald die Chance, sich bei einer nationalen Zeitung zu beweisen. Er nutzte sie und wurde schnell als Sportfotograf bei Topspielen eingesetzt.
Allerdings gestaltete sich die Anreise zu Spielen ohne Führerschein schwierig. „Ich nahm Busse, Züge, Taxis – mich konnte nichts aufhalten. Ich arbeitete mit einem langen, leistungsstarken Teleobjektiv, da ich auf weite Entfernungen schlecht sehen konnte. Ich musste mich stärker als alle anderen konzentrieren, damit ich nichts verpasste“, erklärt Katz. „Ich konnte Distanzen nicht einschätzen und hatte kein räumliches Sehvermögen – alles wirkte zweidimensional. Ich nehme keine Kontraste wahr, und an sonnigen Tagen sah alles überbelichtet aus. Aber die Tatsache, dass ich viel gründlicher arbeiten musste, machte mich zu einem besseren Fotografen. Was man sieht, ist wichtiger, als wie weit man sehen kann.“
David sprach nie über seine Erkrankung, weil er keine Sonderbehandlung wollte. Aber da er seine Ziele jetzt erreicht hat, möchte er eine Stiftung gründen, die jungen Menschen mit okulärem Albinismus hilft. Moonsong Video dreht ein Dokumentarfilm über sein Leben, der über YouTube und die sozialen Medien abrufbar sein soll.
„Ich hatte keinen Mentor, darum würde ich gerne einer sein“, so Katz. „Ich hatte eine wunderbare Karriere, und ich will meine Erfahrung und mein Wissen nutzen, um Kindern und ihren Eltern zu zeigen, dass sie alles erreichen können, was sie wollen. Ich hoffe, meine Geschichte beweist das.“
throughmylenses.org;
youtube.com/watch?v=tyCfVWI22jQ
Amy Winehouse.
„Ich hatte das Glück, Amy Winehouse in einem kleinen Londoner Club fotografieren zu dürfen, kurz bevor sie weltberühmt wurde. Der Auftritt war von ihrem Vater arrangiert worden, um Geld für eine lokale Stiftung zu sammeln. Ich stand mit ihr auf der kleinen Bühne – ein Highlight in meiner Karriere, da ich selbst ein großer Fan von ihr war.“
Jackie Mason
„Wenige Tage nach 9/11 hatte ich den Auftrag, den US-Comedian Jackie Mason in einem großen Londoner Hotel zu fotografieren. Ich war ein Fan von ihm und hatte ihn zuvor bereits öfter live gesehen und war gespannt darauf, ihn persönlich kennenzulernen. Er hat ein sehr ausdrucksstarkes Gesicht, aber ich hatte das Gefühl, dass hinter der Fassade des Komikers ein ernster Mensch steckt.“