Hopfen & Malz

Gott erhalt’s: „Bier in Bayern“ in Aldersbach
Bier gehört zu Bayern wie Trachten, Seen und die Alpen. Ein Kulturgut, das seit genau 500 Jahren fast unverändert die Konsumenten beglückt. Der Grund: das 1516 verfasste Reinheitsgebot. Über die Historie berichtet die Bayerische Landesausstellung „Bier in Bayern“ vom 29. April bis
30. Oktober im niederbayerischen Aldersbach

text Gunther Matejka

Es gibt sie schon noch. Vielleicht sind es nicht mehr so viele, wie noch vor 10, 20 Jahren, aber ausgestorben sind die kleinen und mittelgroßen Brauereien längst nicht. Im Gegenteil. Die mitunter auf Ein-Mann-Unternehmen reduzierten Unternehmen erfreuen sich bei ihrer Kundschaft zwischen Garmisch-Partenkirchen und Aschaffenburg großer Beliebtheit. Insgesamt finden sich in Bayern mehr als 600 Bierbrauereien. Eine davon: der Weissbräu Andorfer in Passau. Bei Kennern genießt die von Thomas Andorfer mit viel Liebe und Tradition hergestellte „Weiße“ Kultstatus. Kein Wunder, dass das Familienunternehmen seinen Bier-Umsatz in den letzten zehn Jahren verdoppeln konnte. Neben Weißbier stellt Andorfer auch Starkbiere sowie ein Helles her. Renner aber ist und bleibt: das Weißbier: „Das braue ich nach unserem alten Familienrezept aus dem Jahre 1916“, sagt der Bier-Profi. Er und seine Kollegen orientieren sich bei ihrer Arbeit allerdings an einer noch weit länger zurückliegenden Vorgabe: am 1516 – natürlich in Bayern – verfassten „Reinheitsgebot“. Es besagt, dass Bier lediglich Hopfen, Malz und Wasser enthalten darf.

2016 jährt sich diese legendäre Bestimmung nun zum 500. Male. Da versteht es sich von selbst, dass dieses Jubiläum gebührend gefeiert wird – etwa im niederbayerischen Aldersbach. Vom 29. April bis zum 30. Oktober 2016 veranstaltet das Haus der Bayerischen Geschichte, der Landkreis Passau sowie die Gemeinde Aldersbach – in Zusammenarbeit mit der Brauerei Aldersbach und der Bayerischen Landesausstellung 2016 – die Ausstellung „Bier in Bayern“. Das ehemalige Kloster Aldersbach bietet den stimmigen Rahmen. Auf etwa 1.400 Quadratmetern zeichnen die Organisatoren den Siegeszug des beliebten Gerstensafts detailgetreu nach und entschlüsseln dabei auch den Mythos und das Markenzeichen des Freistaates.

Wirtshauskultur, Brauhäuser und Biermonopole werden dabei genauso thematisiert, wie die Pioniere des Genussmittels und die mitunter wenig erfreulichen Auswirkungen übermäßigen Bierkonsums. Zu dem natürlich ein adäquates Begleitprogramm gehört, wie etwa: Konzerte, Kabaretts, Verkostungen und kulinarische Schmankerl aus dem Haus des bayerischen Starkochs Alfons Schuhbeck.

„Bayerisches Bier ist ein in Flaschen abgefüllter Botschafter für Deutschland, für süddeutsches Lebens-gefühl“

Bayerisches Bier ist aber auch ein in Flaschen abgefüllter Botschafter für Deutschland, für süddeutsches Lebensgefühl. Das sieht auch Oliver Bartelt so, Unternehmenssprecher von Anheuser-Busch InBev Deutschland, zu dem die urbayerischen Marken Franziskaner, Löwenbräu und Spaten gehören. „Bierkultur ist quasi in der DNA des Produkts verankert“, sagt Bartelt. Der Verbraucher erwarte in einer globalen Welt Werte, für die ein Produkt, beziehungsweise eine Marke stehe. „Wenn wir“, so Bartelt weiter, „wie jüngst Löwenbräu in Peru einführen, haben die Verbraucher dort eine genaue Vorstellung von deutschem Bier – und von dem Qualitätssiegel des Deutschen Reinheitsgebots.“ Sein Credo: „Nur so lässt sich eine Marke überhaupt regional vermarkten.“
So vorteilhaft das Reinheitsgebot im Ausland als Qualitätssiegel und Alleinstellungsmerkmal wahrgenommen wird – für den inländischen Markt birgt die restriktive Vorgabe auch einen Nachteil: „Das Gebot limitiert die Möglichkeiten der Braumeister, was Zutaten betrifft“, sagt Bartelt. Innovationen sind dennoch möglich. Und auch nötig. Denn seit 15 Jahren ist der Biermarkt konstant rückläufig. Umso wichtiger sind da neue Konzepte – wie Biermischgetränke. Seit etwa zehn Jahren finden sich die alkoholhaltigen und alkoholfreien Mixturen im Regal und haben sich mit einem Marktanteil von sechs Prozent fest etabliert. „Gerade im Bereich alkoholfreie Biere sind Biermischgetränke aktuell einer der am stärksten wachsenden Bereiche“, weiß Bartelt und freut sich über die Umsatz bringenden Zitrone- und Holunder-Noten von Franziskaner.

Für Thomas Andorfer ist das natürlich kein Argument, um sein Repertoire in Frage zu stellen. „Alkoholfrei“ ist für ihn: Limonade, Wasser, Spezi und Apfelsaftschorle. Ein Alkohol-reduziertes leichtes Weizen hat Andorfer indes im Programm. Rund zehn Prozent mache er damit vom Gesamtumsatz, Tendenz: steigend. Sein Herz aber hängt – das hört und schmeckt man – an seinem traditionell gebrau-ten Weißbier. Nicht umsonst umschreibt er seine Brauer-Philosophie mit: „Messen kann man alles, aber ein guter Bierbrauer hat es im Gefühl.“ Auch das ist „Bier in Bayern“.
hdbg.de/bier

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Dieser Artikel stammt aus der Ausgabe Winter 2015

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