Ja dann Prost!

Bayern und  Bier – das gehört zusammen wie Schweinebraten und Knödel. Vor allem in Ostbayern finden sich viele kleine und mittelgroße Brauereien. Neben der Traditionspflege geht man heute jedoch auch neue Wege

text Gunther Matejka

Wer an Ostbayern denkt, der denkt an pittoreske Orte, an Wälder und Hügel; an Flüsse und Seen, an eine deftig-schmackhafte Küche und: an Bier. Ein Klischee? Natürlich! Aber zum einen hat dieser Gemeinplatz seine Berechtigung. Und zum anderen – und das ist noch wichtiger – muss man sich dafür keinesfalls schämen. Im Gegenteil. „Das Bier ist untrennbar mit der Region verbunden“, sagt Stephan Moder, Projektleiter beim Tourismusverband Ostbayern und damit ein absoluter Kenner der Sitten, Gebräuche und Vorzüge der Gegend. Die Liebe zum Gerstensaft sei, so Moder, historisch bedingt. Er gehöre seit Ewigkeiten dazu, sei Teil der Kultur und Bestandteil des täglichen Lebens. „Wir haben hier in Ostbayern weltweit die zweitgrößte Brauereidichte“, sagt Moder nicht ohne Stolz. Und auch was danach kommt, kommt kaum ohne Superlative aus: Im Kloster Weltenburg habe man die älteste Klosterbrauerei der Welt, Gründungsjahr 1050. Im nur wenige Kilometer entfernten Herrngiersdorf befinde sich die „älteste Privatbrauerei der Welt“. Und im nahe gelegenen Kelheim sei die Weißbier-Brauerei Schneider angesiedelt, die – richtig! – weltweit älteste Weißbier-Brauerei.
Insgesamt fänden sich zwischen Weiden, Landshut und Freyung rund 160 kleine und mittelgroße Brauereien, die aufaddiert weit über 1.000 verschiedene Gerstengetränke herstellen.
Doch Moder geht es nicht nur um die Quantität und Tradition. Es geht ihm auch um Qualität: „Viele von den hier in Ostbayern hergestellten Bieren wurden auf den wichtigsten Bier-Festivals mit Preisen ausgezeichnet. Unsere Brauer produzieren Weltklasse-Bier“, sagt Moder und nennt einige Marken und Awards. Es sind viele. Zu viele, um sie hier aufzuzählen.
Natürlich gibt es unter den 160 Bierbrauern der Region auch einige, die neue Trends aufgreifen und beispielsweise das angesagte Craft-Bier herstellen. Gerade jüngere Braumeister würden mit Begeisterung auf den neuen, vor allem in Amerika angeschobenen Biertrend-Zug aufspringen.
Dem gegenüber steht das Bewahren der Tradition. Wie zum Beispiel in der nördlichen Oberpfalz, wo es den Brauch des „Zoigl“-Biers gibt. Stephan Moder: „In einigen Orten mit eigenem Kommunbrauhaus haben manche Familien das im Grundbuch festgehaltene Recht, ihr eigenes Bier zu brauen. Eine jahrhunderte alte Tradition, die hier immer noch gelebt wird.“ Wer gerade sein Bier braut, lädt die Nachbarn und Freunde ein, auch Fremde sind willkommen. Brotzeit inklusive. „Jeder duzt sich, egal welchen Alters oder welcher Herkunft. Das ist gelebte Gemeinschaft.“ Wer sagt’s denn: Bier verbindet.
Na dann, Prost!.
ostbayern-tourismus.dem

„Bier ist untrennbar mit der Region Ostbayern verbunden. Wir haben hier die zweitgrößte Brauereidichte weltweit“
Stephan Moder

Kloster Weltenburg in Kelheim an der Donau in Niederbayern

hier sind Klosterbrauerei und die Klosterschenke immer einen Besuch wert.

Bier trifft Kunst

Kuchlbauer Turm

ein Hundertwasser Architekturprojekt, geplant und bearbeitet von Architekt Peter Pelikan.

© Brauerei zum Kuchlbauer GmbH & Co KG; Brauerei zum Kuchlbauer GmbH & Co KG

Nirgendwo sonst gehen bestes Brauhandwerk und große Kunst eine so perfekte Verbindung ein wie in Kuchlbauer’s Bierwelt in Abensberg
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„Bier ist ein Genussmittel, das nicht fabriziert wird, sondern entsteht“, sagte Michael Salleck, ein Urvater aus der großen Brauerfamilie, die seit neun Generationen den Weißbierspezialist Kuchlbauer in Abensberg leitet. Mit höchster Handwerkskunst, besten Rohstoffen aus dem Umland, eigenem Brunnenwasser und neuesten Technologien hat sich das Brauhaus einen herausragenden Ruf erworben. Die Erfahrung kommt nicht von ungefähr: Bereits um 1300 hat der damalige Graf von Abensberg dem Stammhaus die „Braugerechtsame“ verliehen. Damit besitzt der „Kuchlpaur“, eines der weltweit ältesten Braurechte.
Heute gönnen sich Genießer nicht nur wegen der einzigartigen Bierspezialitäten den Ausflug in das malerische Örtchen, dem Tor zum Hopfenland Hallertau. „Kuchlbauer’s Bierwelt“ ist auch durch die Fülle an Veranstaltungen wie Turmweihnacht und Ostermarkt, den außergewöhnlichen Shops und dem beliebten Biergarten immer eine Reise wert.

Wie perfekt Brauhandwerk und Kunst zusammenpassen können, beweist das Wahrzeichen der Bierwelt, der „Kuchlbauer Turm“: Kein geringerer als der weltberühmte österreichische Künstler Friedensreich Hundertwasser hat das 35 Meter hohe, farbenprächtige Bauwerk für den heutigen Inhaber Leonhard Salleck im Jahre 1999 entworfen. Es symbolisiert das Bier in all seinen Bestandteilen und die Braukunst, die hier gepflegt wird. Neben den „Zielen der Braukunst“, einem „Baum der Erkenntnis“ und „Zwergenwohnungen“ kann man von oben einen faszinierenden Blick über das „Ursprungsland des Bieres“ werfen.
Kürzlich wurde nach Plänen des Architekten Peter Pelikan, eines Freundes von Friedensreich Hundertwasser, das „KunstHausAbensberg“ errichtet. Hier vermittelt eine in Deutschland einzigartige Dauerausstellung Einblicke in das bildnerische und architektonische Werk des großen Wiener Malers.

Die Brauerei hat zudem eine Kunstsensation zu bieten: In einem alten Bierlagerkeller hat Leonhard Salleck eine Kopie von Leonardo Da Vincis „Das letzte Abendmahl“ in Originalgröße angebracht. Denn durch zwei Dinge, die sich beim Turmbau ereigneten, wurde die Deutung dieses „hervorragensten Gemäldes“ der Welt Leonhard Salleck in die Hände gelegt. Eine Sensation in der Kunstgeschichte, da der Gehalt 500 Jahre nicht bekannt war. Der Kuchlbauer Turm hat das ermöglicht.
kuchlbauer.de

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Dieser Artikel stammt aus der Ausgabe Winter 2017

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